Das Kommunale Kino Weiterstadt veranstaltet in diesem Jahr das 25. Open-Air-Filmfest am Braunshardter Tännchen in Weiterstadt. Zu diesem Jubiläum gratuliere ich auch im Namen der städtischen Gremien recht herzlich.

Während dieser 25 Jahre hat sich das Weiterstädter Filmfestival von einer Veranstaltung mit nationalen Super-8 Filmen zu einem internationalen Festival mit Film und Videobeiträgen aus allen Kontinenten vergrößert.

Das Filmfest ist im Laufe der Jahre zu einem festen Bestandteil im kulturellen Leben unserer Stadt geworden und weit über die Grenzen von Weiterstadt hinaus bekannt.

Ich möchte mich auf diesem Wege ganz besonders bei der Filmfest-Crew für das Engagement, immer wieder diese Herausforderung anzunehmen, ein solches Festival zu organisieren, bedanken und wünsche allen Besucherinnen und Besuchern viel Spaß.

Ihr
Peter Rohrbach
Bürgermeister

Hurra, wir leben noch! Auf in die nächsten 25 Jahre Filmfest im Braunshardter Tännchen! - Wer hätte im September 1977 gedacht, dass das Filmfest, das mit einem Super-8-Projektor auf einem Kleinbus begann, so lange existieren, blühen und gedeihen würde.

Vieles hat sich verändert: die Filme werden nicht mehr auf ein selbstgebasteltes Konstrukt aus Lackfolie und Dachlatte projeziert, sondern auf eine Jahr für Jahr größer werdende Leinwand; eine Projektionshütte wurde dauerhaft auf dem Gelände installiert; die Tolletten wurden kanalisiert, nachdem der Zuschaueransturm einst die Sickergruben hatte überlaufen lassen; ein Kinozelt auf dem BMX-Gelände ist als Abspielort dazugekommen; die Filmanmeldungen sind zahlreicher und internationaler (in diesem Jahr aus 43 Ländern) geworden - und doch bewegt uns immer noch genau das, was uns schon 1977 wichtig war: Filme, vor allem Kurzfilme, zu zeigen, die es anderswo schwer haben. Originelles, Kreatives jenseits der seichten Fernsehberieselung und gewohnten Kinobilder, um zu zeigen, was Film alles bieten kann. Dabei macht es keinen Unterschied, ob der Film von unabhängigen Einzelkämpfern, vom Filmclub Gera-Pforten, von einer Filmhochschule, von Stefan Möckel aus Hobbywood oder von Pixar aus Hollywood kommt - wenn uns ein Film überzeugt, uns auffällt - auch wenn er sperrig scheint, aber das gewisse eigene Etwas da ist -, dann wird er in das Programm aufgenommen und läuft, von der Bedeutung her gleichberechtigt mit jedem anderen Film im Programm. Wobei wir auch in diesem Jahr wieder vor dem Problem standen, dass wir vielen Filmen, die wir gerne gezeigt hätten, eine Absage erteilen mussten. Allein aus zeitlichen Gründen sind uns Grenzen gesetzt, die wir gerne noch überschreiten würden. Vielen Dank an alle, die uns ihre Werke schickten.

Spendet, was das Zeug hält, damit die Sichtungsgruppe auch nächstes Jahr wieder bei schönstem Sommerwetter im Kino im Keller sitzen darf ...

Herausgekommen ist in diesem Jahr ein Festival von 5 Tagen, mit 185 Filmen, 4 Bands, VisualSoundLounge, Chill Out Party und voraussichtlich wieder etwa 10000 Gästen. Mit den unterschiedlichsten Filmformaten und den dazugehörigen Projektionstechniken; mit Licht- und Tonanlagen, Toilettenwagen und Leinwandgerüst, zahllosen Bierbänken und Cateringständen (alle in Eigenregie betrieben). Mit Kinozelt, Plakat und Katalog. Mit zahlreichen zur Präsentation ihrer Werke angereisten FilmemacherInnen. Von den Arbeitsgruppen "Filmauswahl", "Platzorganisation", Kinozelt", "Technik", "Presse", "Sponsoring", "Bands", "Catering", "Kinder-" und "Jugendkino", "Party", "Büro", "Kopienverwaltung", "Infocounter - Gästebetreuung" u.a. in 12 Monaten (mit dem Filmrückversand in den Wochen nach dem Filmfest überschneidet sich schon wieder die Planung für das nächste Jahr) stets anwachsender Arbeit unentgeltlich organisiert. Doch auch zusätzlich geleistete ehrenamtliche Arbeitsstunden helfen nicht, die durch Organisation und Technik, Preissteigerungen und vermehrtes Interesse (ob Filmanmeldungen oder sonstige Anfragen) steigenden Kosten abzubremsen.

Spendet, was das Zeug hält, damit die Biercrew nächstes Jahr das Fässchen nicht alleine trinken muss ...

Womit wir wieder bei einem Thema angekommen sind, das für uns immer mehr zum Problem wird: die Finanzlage. Schon in den Jahren von 1994 bis 1998 gingen die Zuschüsse für das Open Air Filmfest Weiterstadt durch die Hessische Filmförderung von 48.000,- DM auf 25.000,- DM zurück. Im Jahr 2001 sind nun alle hessischen Filmfestivals von Kürzungen zwischen 20 und 100 % der Fördersumme des Vorjahrs betroffen. Das bedeutet für uns einen Fehlbetrag von 12.000,- DM, der zusätzlich zur stets wackligen Situation aufgefangen werden muss. Ob und wie das gelingt, bleibt abzuwarten. Einen Dank an alle, die durch finanzielle und tatkräftige Unterstützung helfen. Das sind die Stadt Weiterstadt, unser Kuliurpartner, die Sponsoren und Anzeigenkunden, alle Privatpersonen und spendierfreudigen Festivalbesucher. Dank für die Förderung auch dem Land Hessen und der Hessischen Filmförderung, die sich der unerfreulichen Situation gegenübersehen, einen gleichbleibenden Förderbetrag auf immer mehr Festivals, Abspielringe, bedürftige Kinos und weitere förderungswürdige Projekte verteilen zu müssen. Nachdem das Problem über die Jahre immer verschobenunddie Situation kritischer wurde, muss die kulturelle Filmförderung des Landes Hessen nun endlich deutlich aufgestockt werden (einhergehend mit einer Einführung einer wirtschaftlichen Förderung und Unterstützung von Kino-Investitionsmaßnahmen) - nicht, um sich zusätzliche Extravaganzen zu leisten, sondern um das Bestehende zu erhalten: die Vielfalt der Kommunalen und Programmkinos, die Kinos auf dem Land, Hochschulund unabhängige Filmproduktionen und selbstverständlich die Filmfestivals. Letztere sind eine der wichtigsten Plattformen für junge Talente, bieten eine Vielfalt des Films, die es anderswo nicht gibt, und sorgen mit mit ihrem guten Ruf weit über Hessen und Deutschland hinaus für eine Bekanntheit Hessensin Filmkreisen. Neben Weiterstadt seien beispielsweise Exground Wiesbaden, der Satirische Kurzfilmtag Rüsselsheim, Open Eyes Marburg und das Dokumentarfilmfest Kassel genannt. Unser besonderes Mitgefühl gilt auch unseren Kollegen von "Kuba im Film" Höchst und von "Nippon Connection" Frankfurt, deren Zuschüsse durch die Hessische Filmförderung in diesem Jahr ganz gestrichen wurden. Hier muss dringlichst eine Besserung der Fördersituation nicht nur besprochen, sondern auch tatsächlich realisiert werden.

Spendet, was das Zeug hält, damit wir nächstes Jahr auch wieder ein Vorwort für den Katalog schreiben können ...

Vorerst aber sind wir in diesem Jahr mehr denn je auf die Spenden beim freiwilligen Eintritt und Einnahmen durch den ausschließlich von uns selbst organisierten Essens- und Getränkeverkauf angewiesen. Ebenso wichtig für die Durchführung des Filmfests ist auch, dass alle Gäste sich an die im Anschluss an das Vorwort aufgeführten Verhaltensmaßnahmen bzgl. Müll, Anfahrt etc. halten. Das Filmfest ermöglicht sich nicht nur durch Geld, sondern auch durch insgesamt ungefähr 45000 geleistete Arbeitsstunden. Die stetig wachsende Arbeit verteilt sich auf immer weniger Personen, sodass wir über jede aktive Hilfe froh sind. Wer sich vorstellen kann, beim Abbau des Fimfests oder beim 26. Open Air Filmfest mitzuhelfen - sofern dieses realisierbar sein wird -, kann sich z. B. beim Infocouter im Filmfestcafe melden, oder bei der Filmfest-Kontaktadresse per Tel, Fax, Post oder Mail.

Spendet, was das Zeug hält, damit unsere Bürogruppe nicht an Langeweile stirbt ...

Wenden wir uns erfreulicheren Dingen zu. Da ist vor allem das, was uns am Herzen liegt, weshalb wir seit 25 Jahren diese Veranstaltung organisieren: die Filme, die der Auswahljury auch in diesem Jahr unzählige spannende Stunden Sichtung und Diskussion brachten. Eine erfreuliche Vielfalt an Werken, nach deren Sichtung man sich fragt, warum dergleichen ansonsten so selten zu sehen ist. Gefreut hat uns besonders, dass nach Jahren erst rückläufiger, dann stagnierender Super-8-Einreichungen sich in diesem Jahr die Anzahl der S-8-Bewerbungen fast verdoppelt hat. Am Samstag Abend wird für diese in Publikumswahl der 5. Weiterstädter Filmhirsch vergeben, die Stimmzettel erhält, wer an diesem Abend einen Button ersteht. Daneben gibt es auch am Sonntagabend im OpenAir Programm zwei S-8-Blöcke. Weitere S-8-Filme sind im Mittagsprogramm zu sehen. Das in diesem Jahr im übrigen extrem stark ist: zahlreiche Video- und Digitalproduktionen begeisterten uns. Schade, dass sie nicht auf Film gedreht wurden und wir sie Open Air zeigen können. Die immer besser werdende Qualität von Digitalkameras und die verhältnismäßig geringen Produktionskosten lassen immer mehr Filmemacherlnnen diese Technik verwenden. Der Besuch ab 13 Uhr im Kinozelt auf dem BMX-Gelände ist in diesem Jahr mehr denn je eine absolute Empfehlung!

Spendet, was das Zeug hält, damit Ihr auch im nächsten Jahr die Wahl zwischen Rind-, Brat- und Hirschwurst habt ...

Ansonsten waren Trends und Tendenzen in diesem Jahr nur schwer auszumachen. Kino und TV gaben im Gegensatz zu den Vorjahren wenig Impulse. Die Häufung gewalttätiger Filme nach "Pulp Fiction" und die radebrechenden Ausländer nach "Knocking on Heavens Door" sind ebenso wieder fast völlig verschwunden wie die zahlreichen Parodien auf die Teletubbies. Die im Kino zur Zeit üblichen Anhäufungen an Special-Effects in Fantasy- oder SF-Filmen ist für viele Kurzfilme nicht realisierbar und zieht deshalb ebensowenig eine Welle nach sich wie die aktuellen TV-Erfolge - auf "Big Brother" bekamen wir gerade einmal zwei Parodien. Vermutlich sind die Fernsehformate schon zu sehr selbst zur Parodie verkommen, als dass sie für andere noch interessant wären. Und das ist auch gut so, mussten sich die FilmemacherInnen doch wieder verstärkt nach eigenen Themen umschauen. Thema Nummer eins wurde dabei wieder der älteste aller Themen: Beziehungen. Nicht zuletzt im Kinozelt-Programm laufen einige Filme, die dieses Thema auf immer wieder neue, überraschende, unterhaltsame Weise variieren, etwa "Baden mit Bernd", "Streit", "Ist die Liebe nicht schön?!", "Boy Needs Girl".

Spendet, was das Zeug hält, damit Joe das rechnen nicht verlernt ...

Auffällig die große Anzahl von längeren Kurzfilmen mit einer Laufzeit zwischen 25 und 45 Minuten, die uns in diesem Jahr überzeugt haben. Fällt es bei dieser Länge doch immer besonders schwer, einen funktionierenden Film zu gestalten. Ein einfacher Clou, der einen 5-Minuten-Film noch am Leben hält, reicht nicht mehr aus; um die Charaktere wie in einem langen Film zu entwickeln, ist die Zeit doch recht kurz. Und doch waren wir in diesem Jahr begeistert von "Aquarium", von "Letargiya", von "Nowhereland", von "Obscuratio" - um vier Filme zu nennen, die in ca. 30 Minuten eine eigene Welt, einen eigenen Mikrokosmos und eine eigene, überzeugende Bildsprache kreieren. Ebenso überzeugend aber auch die Halbstünder, die auf traditionelle Weise überraschende Inhalte unterhaltsam servieren, etwa "Papas" oder "Hooves of Fire".

Spendet, was das Zeug hält, damit wir uns nächstes Jahr wieder eine Leinwand leisten können und die Filme nicht ins Leere projeziert werden müssen ...

Positiv überrascht hat uns in diesem Jahr auch die große Anzahl lokaler Filmeinreichungen. Während die Anzahl hessischer Filmanmeldungen von 138 auf knapp unter 100 stark abnahm, ist Darmstadt mit 11 Bewerbungen - von denen 6 ins Programm aufgenommen wurden - stark vertreten. Ob doch bei dem einen oder der anderen der Besuch des Filmfests den Wunsch hervorgerufen hat, sich selbst einmal an einem eigenen Werk zu versuchen? Gefreut hat uns auch, mit "Ambition to Perform" ein restlos überzeugendes Video aus Weiterstadt ins Programm aufnehmen zu können. Die jungen Filmer haben u.a. auf dem Gelände gefilmt, auf dem vor Jahren mit "Der Autoratgeber" einer der Klassiker der Weiterstädter Super-8-Eigenproduktionen entstanden ist.

Spendet, was das Zeug hält, damit Jochen auch nächstes Jahr wieder Filme in reinstem Foxtrott-Englisch ansagen kann...

"Der Autoratgeber" ist beim 25. Filmfest zwar nicht zu sehen, aber mit "Die Veränderung" und "Routine" stehen zwei andere Klassiker von Mitarbeitern des Filmfests am Sonntag ab 13 Uhr im Filmzelt auf dem Programm, wenn wir in einer kleinen Jubiläumsretrospektive noch einmal einige Filme der letzten 25 Jahre Revue passieren lassen. In einer kleinen Auswahl, die alles andere als einen kompletten Überblick vermittelt. Einfach ein paar Filme, die uns besondersin Erinnerung geblieben sind, von einigen Filmemachern, die das Festival über die Jahre hinweg immer wieder besucht und mit ihren Werken die Geschichte des Festivals begleitet haben. Dabei konnten wir längst nicht alles zeigen und nur einen kleinen Teil der in Frage kommenden Filmemacher berücksichtigen, doch auch hier steht uns leider nur ein beschränkter Zeitrahmen zur Verfügung.

Spendet, was das Zeug hält, damit sich Ronald auch nächstes Jahr wieder durch all die Bandbewerbungen arbeiten kann...

Ebenso beschränkt auch der Platz für dieses Vorwort: bevor wir zum Schluss und den wichtigen "Verhaltensregeln" beim Filmfest kommen, müssen auch unbedingt die langen Filme noch Erwähnung finden. Erstmals beschließen wir alle Open Air Abende mit Filmen, die eingereicht wurden - erstmals haben uns drei lange Filmanmeldungen überzeugt, dass sie für den Open Air Einsatz geeignet sind. Perfekt in das Ambiente im Tännchen passt "Tolle Lage" von Sören Voigt (Freitag Nacht), eine Kriminalkomödie auf einem Campingplatz am Waldesrand. Tim Trageser beweist nach seinen Kurzfilmen mit "Clowns" (Sonntag Abend), dass er auch über 90 Minuten das Publikum fesseln kann. Der besondere Favorit der Sichtungsgruppe kommt aus Slovenien: "The Last Supper Or How Two Madmen Made A Film" von Jane Anzeljc ist eine Komödie, die nicht nur eine geniale Ausgangsidee hat, sondern diese dann auch über den ganzen Film hinweg überzeugend und höchstgradig witzig umsetzt. Hervorheben wollen wir schließlich auch die langen Filme zum Abschluss der Programme im Kinozelt: "180°" (Samstag), erfrischendes und glaubwürdiges jugendliches Kino; "Mosaic" (Freitag), ein außergewöhnliches Experimentalfilmerlebnis, und die mitreißende Dokumentation "Brenz Band - Ein Wirbelsturm im Libanon" (Sonntag).

Spendet, was das Zeug hält, dann findet das Filmfest Weiterstadt weiter statt ...

Das Kinozelt bietet auch morgens und nachts Programm. Freitag vormittag Jugendkino, Samstag vormittag Kinderkino, sowie zwei Specials in den Nächten von Freitag auf Samstag und Samstag auf Sonntag für alle, die vor oder während des langen Films schon gehen wollen und auch für die, die nach dem letzten Film noch nicht genug haben: am Freitag "VisualSoundLounge", eine Performance der Raumforscher aus Hamburg, am Samstag den Chill Out Treff "Jelkin - art and music".

Viel Spaß bei alledem - bei Filmen, Gesprächen, Musik, Treffen und allem, was zum Filmfest gehört! Wir wünschen Euch fünf unterhaltsame und abwechslungsreiche Filmfest-Jubiläumstage!

Euer Filmfestteam

PS.: Im September beginnt dann wieder das reguläre Programm des Kommunalen Kinos; im Internet unter www.weiterstadt.de/koki zu finden. Wir freuen uns, für unser Jahresprogramm zweimal nacheinander sowohl den Hessischen Filmkunslpreis wie auch den Bundeskinopreis des Kinematheksverbunds erhalten zu haben, wozu das Filmfest sicherlich seinen Teil beigetragen hat.